Wenn sich der Tag zu Ende neigt, beginnt die Zeit der Nachtfotografie. Aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse ist diese Zeit fotografisch gesehen anspruchsvoller als tagsüber. Hier kommt die so genannte Langzeitbelichtung zum Einsatz, denn lange Belichtungszeiten und ein paar wenige Kameraeinstellungen helfen dir, genügend Licht für dein Foto einzufangen.
Was ist Langzeitbelichtung?
In der Fotografie spricht man von Langzeitbelichtung, wenn die Blende beim Fotografieren für mehrere Sekunden geöffnet wird, um für die Aufnahme mehr Licht einzufangen. Dies ist vor allem von Vorteil, wenn du Bilder nachts oder generell bei schwachem Licht aufnehmen möchtest, damit eine Unterbelichtung der Fotos vermieden wird.
Mit einer Langzeitbelichtung lässt sich dadurch ein Zeitausschnitt festhalten, der viel länger ist als bei „normaler“ Fotografie. Hierdurch entstehen interessante Effekte, da Lichter, die sich bewegen, sich zu spannenden Lichtlinien formieren. Dabei ist alles, was leuchtet, beleuchtet wird und sich bewegt, ein potentielles Motiv. Mit Hilfe eines Stativs sollten selbst kleinste Bewegungen der Kamera während der Zeit der Belichtung vermieden werden, damit das Foto nicht unscharf wird.
Besonders schöne Nachtfotografie-Effekte entstehen so zum Beispiel in Städten, an Autobahnen, zum Silvesterfeuerwerk oder auf einem Jahrmarkt mit zahlreichen Fahrgeschäften.
Vielleicht hast du bereits Fotos mit solchen Effekten gesehen und dich gefragt, welche Kamera du dafür benötigst bzw. wie du mit deiner Kamera so ein Motiv einfangen kannst?
Welche Voraussetzungen werden für eine Langzeitbelichtung bei Nacht benötigt?
Für eine Langzeitbelichtung bei Nacht ist nur etwas Vorbereitung bzw. Hintergrundwissen notwendig. Deine Kamera muss übrigens keine Spiegelreflexkamera oder Systemkamera sein. Eine gute Kompaktkamera reicht für deine Nachtfotografie völlig aus.
Wichtig ist nur, dass diese mit einem S- bzw. Tv-Modus, der so genannten Blendenautomatik, ausgestattet ist, mit der die Kamera automatisch die passende Blende zu der von Ihnen angegebenen Belichtungszeit einstellt. D.h., du bestimmst wie lang das Bild belichtet werden soll, die Kamera passt die Blende entsprechend an, so dass das Foto nicht über- oder unterbelichtet wird. An den meisten Kameras können Zeitwerte von 1/2000 Sekunde bis max. 30 Sekunden eingestellt werden. Für Langzeitbelichtungseffekte reichen meist schon wenige Sekunden aus.
Unabdingbar für eine Langzeitbelichtung ist eine Fixierung der Kamera, da selbst kleinste Verwacklungen oder Vibrationen zu unscharfen Bildern führen. Besonders zu empfehlen ist daher die Nutzung eines Stativs. Bei Kompaktkameras bieten bereits kleine und leichte Stative eine gute Stabilität. Je größer die Kamera ist, desto größer muss ein Stativ sein, damit es stabil steht und nicht umfällt.
Wenn du eine Kamera mit Blendenautomatik und ein Stativ besitzt, hast du bereits alles Nötige für eine Langzeitbelichtung bei Nacht beisammen.
Bevor es losgeht, noch ein paar hilfreiche Tipps:
Den Auslöser bei Langzeitbelichtung betätigen?
Das bloße Betätigen des Auslösers kann bereits für ein unscharfes Foto sorgen. Am besten, du berührst die Kamera nicht und nutzt einen Fernauslöser oder den Selbstauslöser. Viele Kameras haben einen 2 Sekunden Selbstauslöser speziell für diese Anwendung integriert.
Kein Blitz in der Nachtfotografie
Der Blitz hat die Aufgabe, das Motiv so stark zu beleuchten, dass die Kamera mit kurzen Belichtungszeiten ein scharfes Foto schießen kann. In diesem Fall wollen wir bei unserem Nachtfoto allerdings genau das Gegenteil erreichen. Für Langzeitbelichtungen sollte der Blitz deswegen immer ausgeschaltet sein.
Weißabgleich im Dunkeln
Im Dunkeln fällt es den meisten Kameras schwer, den richtigen Weißabgleich automatisch einzustellen. Dieser ist zur Definition der weißen Farbe im Foto verantwortlich. Abhängig von der Art des Lichtes kann die Nachtaufnahme einen Blau- oder Rotstich bekommen. Um das Problem zu lösen, empfiehlt es sich eine Kamera zu nutzen, die Fotos im RAW-Format speichern kann. Denn der Weißabgleich eines Fotos im RAW-Format lässt sich in der Bildbearbeitung verlustfrei korrigieren.
Rauschunterdrückung bei Langzeitbelichtung
Je länger die Belichtungszeit ist, desto mehr Rauschen wird im Nachtfoto sichtbar. Unter Rauschen versteht man eine Bildstörung, die das Foto pixeliger erscheinen lässt. Daher sollte die ISO-Einstellung bei der nächtlichen Langzeitbelichtung immer so klein wie möglich gewählt werden. Es empfiehlt sich, zusätzlich die Rauschunterdrückung in der Kamera zu aktivieren (Long Exposure NR). Alternativ lässt sich das Rauschen auch in der späteren Bildbearbeitung verringern.
Kein Zoom bei Nacht
Besonders bei Kompaktkameras, die ein Zoomobjektiv besitzen, solltest du auf ein Zoomen verzichten. Je weiter du in das Motiv hineinzoomst, desto kleiner wird in der Regel die Blende. Das verringert die einfallende Lichtmenge und führt in der Belichtungsautomatik zu höheren ISO Werten. Das Bildrauschen erhöht sich dadurch unnötig.
Besser ist es, wenn du mit der vollen Auflösung und ohne Zoom (bzw. mit der kleinsten Brennweite) fotografierst und den gewünschten Bildbereich im Nachhinein ausschneidest.
Der beste Zeitpunkt für schöne Langzeitbelichtungs-Effekte?
Zur „Blauen Stunde“ Fotos machen
Die Zeit vor dem Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang bzw. vor Eintritt der völligen Dunkelheit wird als Blaue Stunde bezeichnet. Die Straßenbeleuchtungen sind zumeist angeschaltet und der Himmel hat sich tiefblau gefärbt. Das verstärkt die Kontraste im Bild und erzeugt eine besondere Stimmung.
In der Blauen Stunde ist das Tageslicht so schwach, dass Belichtungszeiten von 1-2 Sekunden möglich sind. Allerdings solltest du immer auf den Weißabgleich achten, um eine zu starke Blaufärbung und damit einer „Unterkühlung“ des Fotos zu vermeiden. Entweder du testest verschiedene Einstellungen des Weißabgleiches oder bearbeitest das Foto im Nachhinein.
Einen ausführlicheren Artikel zur „Blauen Stunde“ findest du hier:
Nachts fotografieren
Wenn die Dämmerung bzw. die blaue Stunde vorüber ist, dominieren künstliche Lichtquellen. Für Nachtfotos sind noch längere Belichtungszeiten möglich. Das gibt dir mehr kreativen Spielraum. Du kannst Bewegungen über einen bestimmten Zeitraum einfangen, wie z.B. von fahrenden Autos, und erzielst damit tolle Effekte deiner Nachaufnahmen.
Achte dabei immer auf den Fokus. Oft haben Kameras im Dunkeln Probleme, richtig zu fokussieren. Hilfreich ist dann der manuelle Fokus, der sich auch bei vielen Kompaktkameras aktivieren lässt.
So funktioniert die Langzeitbelichtung in der Nachtfotografie
Nachdem du die Kamera mit einem Stativ auf das gewünschte Motiv ausgerichtet hast, kann es losgehen. Um die richtige Belichtungszeit für dein Nachtfoto zu finden, benötigt es oft mehrere Anläufe.
Für einen leichteren Anfang empfehlen sich folgende Grundeinstellungen:
Belichtungszeit für Nachtfotos
Abhängig von den Lichtbedingungen musst du die Zeiten kürzer oder länger einstellen. Um Effekte von bewegenden Objekten festzuhalten, startest du am besten zunächst bei mindestens 1-2 Sekunden und erhöhst die Belichtungszeit danach schrittweise.
ISO-Werte bei Nachtaufnahmen
ISO-Werte bestimmen die Lichtempfindlichkeit des Bildsensors. Am besten die ISO-Automatik abschalten und wenn möglich auf 100 bzw. auf den kleinsten möglichen ISO-Wert Ihrer Kamera einstellen. Das sorgt für rauscharme Fotos.
Bildstabilisator deaktivieren
Deaktiviere den Bildstabilisator. Dieser ist für Fotos „aus der Hand“ sehr praktisch, aber für Langzeitbelichtungen mit Stativ oft hinderlich. Denn es kann vorkommen, dass der Stabilisator Bewegungen von Objekten wahrnimmt und versucht diese auszugleichen. Das führt zu unscharfen Fotos. Je nach Kamera-Marke wird der Bildstabilisator als „OS“ „OSS“ oder „SteadyShot“ bezeichnet.
Welche Auflösung bei Langzeitbelichtung?
Stell´ deine Kamera auf die größtmögliche Auflösung (Pixel-Zahl) und nutze wenn möglich das RAW-Format. Du bekommst dadurch mehr Bearbeitungsspielraum in der späteren Bildbearbeitung. Nimm einfach mehrere Nachtfotos mit unterschiedlichen Belichtungszeiten auf und vergleiche die Resultate.
Welche Motive sind interessant für Langzeitbelichtungen?
Hier erhältst du ein paar Ideen für Motive geben, die in der Nachtfotografie besonders viel Spaß bereiten bzw. interessante Effekte durch die Langzeitbelichtung erzielen.
Wasseroberflächen nachts fotografieren
Wasser bewegt sich in der Regel immer. Fotografierst du nachts beispielsweise einen Fluss mit mehreren Sekunden Belichtungszeit, verschwinden die Konturen der Wasseroberfläche. Es entsteht eine glatte, weiche Ebene, die Lichter spiegelt.
Lichtsterne einfangen
Lichtsterne entstehen erst in der Kamera und können ein Nachtfoto interessanter machen. Bei geschlossener Blende von F11 oder höher können sie an Lichtquellen auftreten. Grund dafür sind die Blendenlamellen, die oft eine nicht ideal kreisrunde Öffnung formen. Hat Ihre Kamera eine ungerade Anzahl an Blendenlamellen treten sehr viele Lichtstrahlen auf. Bei einer geraden Anzahl Lamellen sind genauso viele Strahlen sichtbar wie Lamellen in deiner Kamera verbaut sind.
Nachtfotografie in der Stadt
Für ein Nachtfoto in der Stadt suchst du dir am besten einen exponierten Platz oder eine Autobahnbrücke. Je länger du das Foto belichtest, umso länger werden die Lichtstreifen.
Fahrgeschäfte in der Nacht fotografieren
Hier ist die optimale Belichtungszeit abhängig von der Geschwindigkeit eines Fahrgeschäftes. Dreht sich z. B. ein Karussell sehr schnell, reicht eine Belichtungszeit von 1-2 Sekunden aus. Für langsamere Fahrgeschäfte solltest du deine Nachtaufnahme mit 5-10 Sekunden belichten. Positiver Nebeneffekt: Die meisten Menschen verschwinden auf der Langzeitbelichtung, da helle Objekte die dunkleren überdecken.
Hast Du noch Fragen oder Anmerkungen zu diesem Artikel? Schreib uns gerne eine E-Mail an [email protected]. Wir freuen uns, von dir zu hören und helfen dir gerne weiter.
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