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Sahneweicher Hintergrund: So entsteht der Bokeh Effekt

Frau mit Kind Bokeh Effekt Foto

Lesedauer: Ø 9 Min

Den Bokeh Effekt sieht man vor allem bei Portrait- und Modefotos, aber auch bei Food-Fotos, in Bildern von Blüten und generell bei Nahaufnahmen: Gemeint ist die sahneweiche Unschärfe hinter dem Hauptmotiv, die seit einigen Jahren mit dem japanischen Wort „Bokeh“ bezeichnet wird.

Dabei soll der Hintergrund unscharf und stimmungsvoll verschwimmen. Dann wirkt das Bild eleganter und das Hauptmotiv sticht eindrucksvoll hervor. Unser Beitrag erläutert Ihnen, was Sie beachten müssen, damit Sie den Bokeh Effekt erzielen – beim Fotografieren und bei der Bildbearbeitung.

Tipps und Tricks für den beliebten Bokeh Effekt beim Fotografieren

Sie wollen die stimmungsvolle Hintergrund-Unschärfe direkt beim Fotografieren erzeugen und wissen nicht genau, welche Kamera mit welcher Einstellung sich am besten eignet?

Am besten orientieren Sie sich an den Faustregeln für starkes Bokeh.

Die wichtigsten Regeln der Kameratechnik für einen starken Bokeh Effekt:

  • Mit großen Kamera-Sensoren entsteht mehr Bokeh als mit kleineren Sensoren. Eine dicke Vollformat-Spiegelreflex-Kamera (zum Beispiel Canon R6, Nikon Z5 oder Sony Alpha 7R IV) hat also mehr Potential für einen Bokeh-Effekt als eine Kamera mit kleinerem APS-C-Sensor; Kompaktkameras oder Handys mit noch kleinerem Sensor liefern noch weniger Bokeh, eigentlich nur noch bei Nahaufnahmen.
  • Teleobjektive haben mehr Bokeh-Potential als Weitwinkelobjektive. Wollen Sie Ihr Motiv vor unscharfem Hintergrund herausheben, wählen Sie mindestens eine Normalbrennweite, besser eine leichte oder starke Tele-Einstellung.
  • Je offener die Blende, desto unschärfer erscheint der nicht scharfgestellte Hintergrund. Blende 1,4 oder 2,8 liefern einen guten Bokeh-Effekt. Blende 8 oder 16 zeigen den Hintergrund dagegen viel schärfer.

Diese drei Faustregeln gelten auch kombiniert: Das stärkste Bokeh entsteht per Vollformatkamera mit einem starken Teleobjektiv, das Sie mit Offenblende nutzen, zum Beispiel mit Blende 2,8.

Frauen-Portrait mit Bokeh Effekt
Der Hintergrund erscheint angenehm verschwommen, helle Punkte bilden Unschärfekreise – das ist das typische Bokeh.

Bei Modeaufnahmen, die draußen und nicht im Studio stattfinden, sehen Sie genau das: Die Profis fotografieren mit Vollformatkameras und nutzen oft ein starkes Teleobjektiv mit 300 Millimeter Brennweite und weitester Blende 2,8. Das Objektiv allein kostet zwar je nach Hersteller 2500 bis 6000 Euro und wiegt rund zweieinhalb Kilo – aber so verschwimmt der Hintergrund perfekt, die Fotomodelle und ihre Kleidung heben sich deutlich ab.

Ebenfalls beliebt und immer noch Garanten für gutes Bokeh sind Zooms mit 70-200 Millimeter Brennweite bei Blende 2,8 – sie wiegen rund 1,5 Kilo und kosten 800 bis 2000 Euro.

Model Bokeh Effekt Foto Modeaufnahmen
Modefotografen erzeugen Bokeh mit Teleobjektiven und offener Blende. Die Modelle heben sich damit gut vom Hintergrund ab.

Auf die Details kommt es an

Allerdings: Gute technische Daten sind nicht alles. So hat eine Kamera vielleicht einen großen Sensor, aber ein lichtschwaches Objektiv. Da liefert dann eine andere Kamera mit kleinerem Sensor mehr Unschärfe, sofern das Objektiv eine deutlich weiter geöffnete Blende besitzt (zum Beispiel Blende 1,4 statt 3,3).

Und auch die genaue Art der Unschärfe diskutieren Fotofreunde intensiv: Die entstehenden Unschärferinge fallen je nach Optik kreisförmig, oval oder eckig aus. Kreisförmig gilt als erstrebenswert. Die Objektivhersteller unterstützen diesen Trend durch Objektivblenden mit elf oder neun statt sechs Lamellen – das vermeidet eckige Unschärferinge. Je nach Objektiv entsteht um den Unschärfering herum zudem noch eine helle Kontur, die viele Bildgestalter gerne vermeiden würden.

Taxi in Dämmerung mit Bokeh Effekt Foto
Bei Nachtaufnahmen mit punktuellen Lichtquellen fallen die Unschärfekreise besonders deutlich aus, wenn auch hier nicht perfekt rund.

Vorsicht bei der Blendenwahl

Wer Kamera und Objektiv schon hat, beeinflusst die Unschärfe nur noch mit der Blende: Schalten Sie die Kamera zum Beispiel auf Zeitautomatik; die Funktion heißt auch Blendenvorwahl und wird auf dem Drehschalter der Kamera meist mit A bezeichnet. Nun legen Sie die Blende von Hand fest, die Kamera errechnet dazu automatisch die passende Belichtungszeit.

Für maximales Bokeh stellen viele Fotografen die am weitesten offene Blende ein, je nach Objektiv zum Beispiel 1,4, 1,8, 2,8 oder 3,3. Allerdings: Bei ganz geöffneter Blende bieten die meisten Objektive nicht ihre volle Leistung. So erscheint zum Beispiel das ohnehin scharfgestellte Hauptmotiv noch etwas schärfer, wenn Sie nicht mit größtmöglicher Blende fotografieren. Für beste Schärfe im Hauptmotiv sollten Sie die Blende oft etwas schließen, zum Beispiel von 1,4 auf 2,0 oder von 2,8 auf 4,0.

Und nicht nur die Bildschärfe leidet bei komplett geöffneter Blende. Bei ganz geöffneter Blende entstehen auch andere Fehler wie etwa Randabschattung (Vignettierung) oder störende Farbsäume (chromatische Aberration). Eventuell wirkt bei Offenblende sogar die komplette Aufnahme ein bisschen weich und kontrastarm. Es gibt Objektive mit Riesenblenden wie 1,2 oder sogar 0,95 – das verspricht zwar starken Bokeh-Effekt, doch die Gesamtschärfe enttäuscht bei Maximalblende, so dass man doch etwas abblendet.

Bietet Ihre Kamera keine Blendenvorwahl, erreichen Sie eine weit offene Blende für gutes Bokeh auch mit Motivprogrammen für Sport oder Portrait. Stellen Sie die Kamera dagegen auf Landschaft oder Architektur, blendet das Gerät meist ab und erzeugt so einen relativ detailreichen Hintergrund, der kaum Weichzeichnung zeigt.

Bokeh Effekt Varianten: Kamera mit unterschiedlichem Hintergrund, je nach Blende
Die Szene wurde mit den Blenden 2,8 (oben links), 5,6, 11 und 22 (unten rechts) fotografiert – Vordergrund und Hintergrund werden immer schärfer.

Der Bildaufbau entscheidet beim Bokeh Effekt mit

Über schön unscharfen Hintergrund entscheiden nicht nur Objektiv und Kamera – wichtig ist auch der Bildaufbau: Erzeugen Sie viel Abstand zwischen Hauptmotiv und Umgebung. Entfernen Sie zum Beispiel Ihr Portraitmodell weiter von einer Wand oder von Pflanzen; der Hintergrund erscheint dann im Foto unschärfer. Achten Sie auch bei Makrofotos darauf, dass Ihr Hauptmotiv weit vom Hintergrund entfernt ist.

Und: Besonders reizvoll wirkt Unschärfe, die durch Unschärferinge aufgelockert wird. Diese Unschärferinge entstehen besonders bei hellen Lichtpunkten in dunkler Umgebung. Einen schönen Bokeh Effekt erhalten Sie also zum Beispiel in diesen Situationen:

  • Lichter in der Nacht
  • Lichtreflexe auf Wasser, Glas oder Metall
  • Gegenlicht in Blattlaub und anderen teils durchlässigen Motiven

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Testen Sie generell verschiedene Anordnungen und Kamerapositionen. Prüfen Sie auch, wie sich die Unschärfe-Ringe verändern, wenn Sie leicht abblenden (zum Beispiel von 2,8 auf 4,0). Weitere Möglichkeiten für gezielt verteilte Unschärfe bieten Spezialobjektive, zum Beispiel Tilt-Shift-Optiken, die ursprünglich für unverzerrte Architekturfotos gedacht waren, oder günstige Effektobjektive wie Lensbaby.

Bokeh Effekt Varianten mit Espressotasse
Links: Der Hintergrund wirkt langweilig. Mitte: Der Hintergrund wurde mit einem üblichem Weichzeichner, dem „Gaußschen Weichzeichner“ abgesoftet. Rechts: Dieser viel interessantere Bokeh-Effekt entstand mit der Weichzeichnergalerie aus Photoshop CS6 und Photoshop CC.

Simulieren Sie die Unschärfe per Internet

Auf den Internetseiten der Kamera- und Objektivhersteller simulieren Sie per Schieberegler unterschiedliche Zoomstufen und Hintergrund-Unschärfen.

Stellen Sie vorab die Sensorgröße ein, dann experimentieren Sie virtuell mit Blende und Brennweite.

Testen Sie diese Angebote:
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Canon

Bokeh Effekt am Handy erzeugen

Ursprünglich erlaubten Foto-Handys kaum Bokeh, wegen der zu kleinen Sensorfläche. Doch speziell neuere Top-Handys liefern durchaus Hintergrund-Unschärfe: So haben die teuersten Handys relativ weite Blendenöffnungen wie 1,6 und zudem relativ große Sensoren schon aus dem Bereich der Kompaktkameras, zum Beispiel mit der Sensorgröße 1/1,7 Zoll. Deutliche Hintergrundunschärfe entsteht so zumindest bei nahgelegenen Motiven – probieren Sie es mit einer Blüte oder Kaffeetasse.

Wichtig: Tippen Sie Ihr Hauptmotiv vor dem Fotografieren auf dem Bildschirm an, so dass Ihr Handy an der richtigen Stelle scharfstellt.

Neuere Handys der Oberklasse bieten außerdem eine Funktion, die je nach Hersteller Live-Fokus oder Blende heißt: Erst fotografieren Sie, und anschließend steuern Sie die Hintergrund-Unschärfe per Regler. Dazu zeigen Sie das Bild in der Galerie an und tippen auf das Symbol für die nachträgliche Regelung der Hintergrundunschärfe.

Sie können den Bokeh-Effekt schon bei der Aufnahme regeln; doch viel bequemer kümmert man sich erst später darum. Das eignet sich auch für stimmungsvolle Portraits mit duftig verwischtem Hintergrund – allerdings wirkt die Hintergrund-Unschärfe nicht immer realistisch, und manchmal erscheint sie völlig unpassend auch im Hauptmotiv.

Bokeh Effekt: Hintergrund Unschärfe Bild 1Bokeh Effekt Hintergund tauschen Bild 2

Bokeh-Effekt per Computerprogramm

Sie können die Hintergrund-Unschärfe auch nachträglich mit einem Bildprogramm am Computer erzeugen.

Das Verfahren wirkt zunächst übersichtlich:

  1. Sie wählen den Hintergrund um das Hauptmotiv herum aus, zum Beispiel mit dem Schnellauswahl-Werkzeug.
  2. Sie lassen einen Weichzeichner-Filter über den ausgewählten Hintergrund laufen.

Doch ganz so leicht ist es nicht: Bei manchen Hintergründen ändert sich der Abstand zum Hauptmotiv über die Bildfläche hinweg, zum Beispiel bei einem schräg von oben fotografierten Tisch. In diesem Fall müssen Sie im Bildprogramm einen sogenannten Alphakanal mit einem Graustufenverlauf anlegen. Der Verlauf steuert, wie stark die Weichzeichnung in welcher Bildregion ausfällt.

Und: Ein üblicher Weichzeichner wie der bekannte „Gaußsche Weichzeichner“ erledigt die Aufgabe nicht gut. Der Hintergrund verschwimmt zwar; aber das Ergebnis wirkt lasch, vor allem weil dieser Weichzeichner Lichter verschluckt und so den Kontrast senkt. An zauberhafte Lichtringe um Gegenlichtpunkte herum ist gar nicht zu denken.

Photoshop Weichzeichner Bokeh Effekt
Die Weichzeichner-Galerie von Photoshop CS6 und Photoshop CC erzeugt exzellentes Bokeh mit schönen Unschärfekreisen. Den Effekt steuern Sie vor allem mit den Reglern „Bokeh-Lichter“ und „Helligkeitsbereich“.

Schönes Bokeh mit der Weichzeichnergalerie

Darum sollten Sie am Computer einen speziellen fotografischen Weichzeichner-Effekt verwenden. Exzellente Bokeh-Ergebnisse erhalten Sie mit Photoshop CS6 von 2012 oder mit dem aktuellen Photoshop CC. Dort öffnen Sie das Untermenü Filter, Weichzeichnergalerie. Wir testen hier die Unterfunktion Tilt-Shift.

Heben Sie den Weichzeichnen-Wert oben rechts deutlich an, zum Beispiel auf 130 Pixel, so dass Sie einen starken Effekt erkennen. Anschließend verschieben Sie die Linien über dem Bild, bis die gewünschten Bildzonen verschwimmen.

Der Trick kommt erst jetzt: Sie nutzen innerhalb des Dialogfelds den Bereich „Effekte“. Dort heben Sie den Wert Bokeh-Lichter stark an, auf 55 Prozent. Die hellen Bildbereiche fressen nun erst einmal völlig aus, denn der Regler Helligkeitsbereich zeigt ja auch den Abschnitt von 191 bis 255 an, also ganz helle Bildpunkte. Diese Werte ändern Sie jetzt: Stellen Sie als Helligkeitsbereich zum Beispiel 138 bis 141 ein. Damit erscheinen schöne Weichzeichner-Kreise in den Mitteltönen, und die hellsten Bildpartien erscheinen nicht mehr übertrieben grell.

Bokeh Effekt: Mädchen spielt mit Skateborad in Innenraum

Jetzt haben Sie viele Möglichkeiten zum Experimentieren: Verschieben, verkleinern oder erweitern Sie den Helligkeitsbereich und ändern Sie auch die Werte Bokeh-Lichter und Weichzeichnen. Dabei gilt der Grundsatz: Je höher der Wert Bokeh-Lichter steigt, desto enger fassen Sie den Helligkeitsbereich.

Der Regler Bokeh-Farbe erzeugt mehr Farbsättigung in den Bokeh-Kreisen. Das wirkt manchmal attraktiv in Kunstlicht-Aufnahmen, zum Beispiel in nächtlichen Städten. Bei reinen Tageslichtfotos wie in unserem Gartencafé sollten Sie den Wert Bokeh-Farbe dagegen nicht anheben.

Sie sehen also, wie Sie einen zauberhaften Bokeh-Effekt erzeugen – direkt beim Fotografieren oder nachträglich am Computer. Ihre Möglichkeiten sind unbegrenzt.

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